In diesem Artikel werde ich den Unterschied zwischen einem Agile Coach und einem Scrum Master aus meiner Perspektive erklären. In der Praxis erlebe ich häufig, dass sich Personen bereits Agile Coach nennen, wenn sie sich mit agilen Themen beschäftigen. Oft werden ihnen diese Titel auch von Vorgesetzten gegeben, um eine Position zu haben, die sich um Agilität im ganzen Unternehmen kümmert. In Ausschreibungen für Agile Coaches kommt es auch häufig vor, dass laut Aufgabenbeschreibung eher ein Scrum Master gesucht wird, der Titel der Ausschreibung aber eindeutig Agile Coach enthält. Also was ist denn genau der Unterschied?
Der Scrum Master fokussiert sich auf das Team
Als Scrum Master hat man unter anderem folgende Aufgaben:
- Einhaltung des Scrum Frameworks innerhalb eines Teams
- Lehren und Training der Scrum Methode mit dem Team
- Moderator / Facilitator der Scrum Events, wie z.B. der Retrospektive
- Beseitigung von Hindernissen, die das Team nicht selbst lösen kann
- Schutz des Teams gegen ungewollte und störende Einflüsse von Außen
Bei all seinen Aktivitäten ist er Teil seines Teams und fokussiert sich nur auf das Scrum Framework. Auf der einen Seite ist das eine Stärke, denn er ist dauerhaft präsent und sorgt dafür, dass das Framework bestmöglich umgesetzt wird. Andererseits ist er Teil des Systems und kann nicht mehr unbefangen agieren.
Der Agile Coach handelt aus der Coaching-Haltung
Um einen guten Job als Agile Coach machen zu können, muss man die coachende Haltung wahren können.
Diese besteht aus drei Kernbereichen:
- Empathie: Kann ich in meiner Rolle als Coach Empathie für meinen Coachee empfinden? Was kann ich anerkennen?
- Distanz zur Sache: Um möglichst unbefangen zu sein, sollte mich das Thema des Coachings nicht emotional triggern.
- Dissoziiertheit zum System: Bin ich Teil des Systems des Coachees oder wirkt das System irgendwie auf mich?
Es gelingt bestmöglich die Coaching-Haltung zu wahren, wenn die Empathie hoch ist und die Distanz zur Sache und Dissoziiertheit zum System möglichst niedrig sind.
Agile Coaches agieren aus der Vogelperspektive
Agile Coaches agieren ohne Fokus auf Frameworks, sondern begleiten Teams dabei, ihre eigene optimale Arbeitsweise zu finden. Dabei unterbreiten sie bezogen auf unterschiedliche Kontexte verschiedene Methoden und Werkzeuge, wie z.B. Scrum, Kanban, Emtreme Programming, Design Thinking, OKRs etc., die dem Team in den jeweiligen Situationen helfen könnten. Wichtiger ist allerdings die Arbeit an Werten, Mindset und Haltung der Teams.
Der Agile Coach ist am wirksamsten, wenn er unternehmensextern ist und temporär eingesetzt wird. Seine Unbefangenheit ist ein großer Vorteil, denn er ist noch nicht mit Denkmauern des Unternehmens (à la „Das haben wir schon immer so gemacht.“ oder „Das geht bei uns nicht.“) konfrontiert worden.
Dem Agile Coach geht es darum, seinen Coachee zu befähigen und auf seinem Weg zu begleiten. Die Lösung gehört dem Coachee und nicht dem Coach, denn er agiert nicht als Berater. Berater werden von Unternehmen eingekauft, um selbst Lösungen zu produzieren.
Agile Coach vs. Scrum Master: Das Fazit
Es ist mir sehr wichtig festzuhalten, dass ich in diesem Artikel keine Rolle über die andere stelle. Sowohl der Agile Coach als auch der Scrum Master haben ihre Berechtigung, abhängig davon, was man erreichen möchte.
Der Scrum Master ist die richtige Wahl, wenn es darum geht, auf Dauer eine intensive Begleitung des Teams zu gewährleisten. Er konzentriert sich darauf, Scrum zu implementieren und schafft Hindernisse für das Team aus dem Weg.
Der Agile Coach ist perfekt geeignet, um mit Teams ihre individuelle agile Arbeitsweise zu erarbeiten. Sein Vorteil ist seine Unbefangenheit. Sie macht es ihm leichter, nachhaltige Impulse zur Weiterentwicklung zu geben.
Benötigen Sie externe Unterstützung durch einen Scrum Master oder agilen Coach in Ihrem Unternehmen? Dann schreiben Sie mir eine E-Mail an stefan.roeber@roeber.consulting. Wir können uns gern unverbindlich abstimmen, wie ich Sie und Ihr Unternehmen unterstützen und voranbringen kann.
Titelfoto by Austin Distel on Unsplash